Il.
Dass sich Malerei und Schrift gegenseitig
keinen Halt geben, heißt nicht, dass sie
einander widerstreiten. Zimmers Bilder
sind keine Kampfplätze, sie sind nicht von
Spannungen zerrissen. Farbe ist da, Wörter
sind da - und in jedem einzelnen Bild wird
ihr Verhältnis zueinander neu verhandelt.
Das geht so weit, dass die Schablonen,
die Bernhard Zimmer für die einzelnen
Buchstaben anfertigt, für jedes Bild neu
entworfen werden. Ebenso variiert er die
Maltechnik von Bild zu Bild: die Pastosität
oder Viskosität der Ölfarbe, die Anzahl der
Farbschichten, die An- oder Abwesenheit
von Untermalungen mit Metallfarben, das
nzufällige« Betropfen und Beflecken der
Leinwände mit kontrastierenden Farben,
das Verschmieren und Verwischen von
bereits nfertig‘ gemalten Farbschichten
sind in jedem Bild neu und anders
eingesetzt. Unwiederholbarkeit ist eine
der Bildungsregeln dieser Malerei.
III.
Man spürt beim Betrachten von Zimmers
jüngsten Gemälden, dass sie gegen die
Routine des Künstlers gemalt sind, gegen
die Gewissheiten, kompositorischen
Finessen und Verlässlichkeiten früherer
Arbeiten. Das ist das Rückhaltlose an
ihnen, dass sie sich dem Offenen stellen,
vielleicht sogar anvertrauen, für das es
(noch) keine Begrifflichkeit gibt, keine
ästhetischen Normen - auch wenn sich
das Ästhetische selbstverständlich immer
wie von selbst“ wieder einstellt. Die
großen Formate sind daher auch keine
Imponiergesten, sondern zeigen eher,
dass hier jemand seine „Netze möglichst
breit ausspannt, seine "Antennen“ weit
ausfährt.