Driften

von   Dr. Peter Lodermeyer

Il.
Dass sich Malerei und Schrift gegenseitig keinen Halt geben, heißt nicht, dass sie einander widerstreiten. Zimmers Bilder sind keine Kampfplätze, sie sind nicht von Spannungen zerrissen. Farbe ist da, Wörter sind da - und in jedem einzelnen Bild wird ihr Verhältnis zueinander neu verhandelt. Das geht so weit, dass die Schablonen, die Bernhard Zimmer für die einzelnen Buchstaben anfertigt, für jedes Bild neu entworfen werden. Ebenso variiert er die Maltechnik von Bild zu Bild: die Pastosität oder Viskosität der Ölfarbe, die Anzahl der Farbschichten, die An- oder Abwesenheit von Untermalungen mit Metallfarben, das nzufällige« Betropfen und Beflecken der Leinwände mit kontrastierenden Farben, das Verschmieren und Verwischen von bereits nfertig‘ gemalten Farbschichten sind in jedem Bild neu und anders eingesetzt. Unwiederholbarkeit ist eine der Bildungsregeln dieser Malerei.

III.
Man spürt beim Betrachten von Zimmers jüngsten Gemälden, dass sie gegen die Routine des Künstlers gemalt sind, gegen die Gewissheiten, kompositorischen Finessen und Verlässlichkeiten früherer Arbeiten. Das ist das Rückhaltlose an ihnen, dass sie sich dem Offenen stellen, vielleicht sogar anvertrauen, für das es (noch) keine Begrifflichkeit gibt, keine ästhetischen Normen - auch wenn sich das Ästhetische selbstverständlich immer wie von selbst“ wieder einstellt. Die großen Formate sind daher auch keine Imponiergesten, sondern zeigen eher, dass hier jemand seine „Netze möglichst breit ausspannt, seine "Antennen“ weit ausfährt.

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